Eröffnung der Europäischen Kulturhauptstadt: Rund 74.000 Kunstinteressierte strömten von 18. bis 21. Jänner nach Bad Ischl

Quelle A1 Mobility Insights, Handysignal Auswertung

Bereits im Vorfeld der Opening Ceremony fanden ab Donnerstag zahlreiche Eröffnungen statt wie u.a. in Gmunden die Haltestelle Klosterplatz Kunst erFAHRen, erarbeitet und umgesetzt von Student*innen der Universität für angewandte Kunst Wien der Klasse von Hans Schabus (AT), und das schwimmende Inselgefüge aus mehreren Plattformen am Traunsee Plateau Blo, realisiert von Student*innen der Abteilung raum&designstrategien der Kunstuniversität Linz.

Am Freitag läutete Georg Nussbaumers (AT) Kinetische Klangskulptur auf Schienen Salzkammer(sc)hall DER GLÖGGLWAGGON auf der Bahnstrecke von Attnang-Puchheim nach Stainach-Irdning mit Glocken, Klingeln und Schellen die Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024 ein. Im Anschluss fand in der Trinkhalle die Präsentation der Publikation Salz Seen LandDas Salzkammergut von Anarchie bis Ziehharmonika (Herausgeberinnen: Julia Kospach (AT), Elisabeth Schweeger (AT), erschienen im Prestel Verlag, München / London / New York (Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH)) statt. Begleitend zu der Lesung mit Schauspielerin Julia Riedler (AT) diskutierten Günter Kaindlstorfer (AT) und Autor*innen der Publikation.

Am Samstag startete der Eröffnungsreigen mit Präsentationen von Projekten der Kulturhauptstadt und Vereinen für Groß und Klein wie vogelfrei MOBILDa kloane Prinz – Reloaded. Die PodcastkojeKulturbuddysNext Generation You, SCALA (Salzkammergut Craft Art Lab), Pro Mente Kalender und Zimmer mit Aussicht mit beiden Designerinnen von Das Studio Lucy.D (Karin Santorso & Barbara Ambrosz (AT)), Kim + Heep (AT/Korea), InFABric architects (AT/ FR) und mischer’traxler (AT) in der Trinkhalle Bad Ischl.

Danach flanierten die Gäste von einer Eröffnung zur nächsten durch Bad Ischl: SOLANGE #29 am Postgebäude von und mit Katharina Cibulka (AT); Luv Birds in toten Winkeln von Maruša Sagadin (AT/SLO) im Postgebäude (Seiteneingang). Groß war auch der Andrang bei den Ausstellungseröffnungen sudhaus – kunst mit salz & wasser im Alten Sudhaus, Ballet Mécanique im Lehártheater und der Musikmaschine im Hettegger (Anbau Lehártheater).

Ella Raidel, (AT/SGP), Petra Ardai (NL) und Marlene Rutzendorfer (AT) überraschten zum Auftakt des Regional_Express mit einer Opening Performance von Sander Saarmets (EST) und dem Gemischten Chor Altmünster (AT) am Bahnhof Bad Ischl. Ebenfalls fulminant läuteten Performer*innen um Choreografin Esther Balfe (AT) den Baukulturkongress interventa Hallstatt 2024 (Initiator*innen: Sabine Kienzer (AT) und Marie-Therese Harnoncourt (AT)) ein. Mit Einbrechen der Dunkelheit startete die Lichtinstallation FLOOD von Ruth Schnell (AT) und Martin Kusch (AT) (kondition pluriel) auf der Johann Nestroy Mittelschule am Bertha von Suttner Platz.

Opening Ceremony

Mit Isa Steins (AT) 23 Lichtmenschen, die symbolhaft für die 23 Orte der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024 stehen, startete die Opening Ceremony bereits um 16.30 Uhr am Sparkassenplatz in Bad Ischl. Langsam bewegten sich die Lichtgestalten durch Bad Ischl Richtung Kurpark, wo sich allmählich 5.500 Gäste versammelten. 23 Bläser*innen stimmten ihre Fanfaren an, komponiert und arrangiert von Mnozil Brass Legende Leonhard Paul (AT). Nach der Eröffnungsrede von Ines Schiller, Bürgermeisterin von Bad Ischl, wurde der Melina Mercouri Preis in Höhe von 1,5 Millionen Euro durch Martin Selmayr, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Wien an die Bürgermeisterin und Hannes Heide, Mitglied des Europäischen Parlaments, übergeben. Moderiert von Mercedes Echerer (AT) kamen die Landeshauptleute Thomas Stelzer (OÖ) und Christopher Drexler (STM), Andrea Mayer, Kunst- und Kulturstaatssekretärin, und Werner Kogler, Vizekanzler und Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport zu Wort. Elisabeth Schweeger, künstlerische Geschäftsführerin der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024 eröffnete gemeinsam mit den Programmleiter*innen Christina Jaritsch, Lisa Neuhuber und Eva Mair die Kulturhauptstadt.

Dann war die Bühne frei für die Kunst (Regie Opening Ceremony: Ludger Engels; Sounddesign: Tilman Kanitz; Lichtdesign: Anselm Fischer). Der international renommierte Schlagerwerker Christoph Sietzen (AT) startete mit einem fulminanten Trommelsolo, gefolgt von Hubert von Goiserns Jodler-Interpretation, zu der sich 1.000 Sänger*innen unter der Chorleitung von Susanna Fabian (AT) eindrucksvoll und berührend zugleich auf der Bühne und im Publikum verteilt dazu gesellten. 
Die Modeschule Ebensee überzeugte mit ihrer Papierkollektion. Zu sehen waren Visionen der Tracht, die die Schüler*innen mit Unterstützung von Justine Masché (DE) (Product Developer, Design Coordinator) vom Modelabel Andreas Kronthaler for Vivienne Westwood, London realisieren konnten. 

Mit einer bewegenden Performance zurückgekehrt ins Salzkammergut verzauberte die international renommierte Ikone der LGBTQIA+-Community Tom Neuwirth aka Conchita Wurst (AT) (gemeinsam mit Edo Mjusik (AT) und Lena Mentschel (AT)) in einem schwarzen „Sissi-Outfit” das Publikum. 
Die am Attersee geborene Choreografin Doris Uhlich (AT) und ihr Ensemble (Hugo Le Brigand, Pêdra Costa, Adil Embaby, Christina Hurt, Ann Muller, Moravia Naranjo, Mzamo Nondlwana, Vera Rosner, Valentino Skarwan, Hannah Wimmer) wirbelten im wahrsten Sinn des Wortes mit ihrem Pudertanz, der bereits 2010 zur Aufführung kam und als Appell „Jeder Körper ist schön” an das Publikum gerichtet war, viel Staub auf und erregte die Gemüter eines Teils des Publikums. 

Das Salzkammergut tanzt in die Nacht hinein

Danach feierte das Salzkammergut in die Nacht hinein u.a. mit dem Duo Camo & Krooked (AT) im Kurpark, die mit ihren heißen Rhythmen die klirrende Kälte in Bad Ischl vertrieben, Mamadou Diabaté (BFA) aus Burkina Faso und dem oberösterreichischen Ensembles Congarilla (AT). Yasmin Hafedh aka Yasmo(AT), großer Star der Slam Poetry-Szene Österreichs trat gemeinsam mit Bad Ischls Stadtschreiberin Doris Mitterbacher aka Mieze Medusa (AT) auf. Unter dem Motto So klingt das Wirtshaus unterhielten Christian Kapun (Bassklarinette) (AT), Theresa Aigner (Geige) (AT), Manfred Madlberger (Gesang, Gitarre) (AT), Daniele Scurati (Akkordeon) (AT) und Stefano Valla Piffero (IT). Als Vorgeschmack auf das NEW SALT festival for sonic exploration and digital artverwöhnten konkrete Beats von Cid Rim (AT), fragile Klänge von Kenji Araki & YBsole (AT) sowie tanzbare Sounds von Misonica (AT) das Publikum und sorgten für Club-Stimmung bis in den Morgen. Das estnische Duo Ruut, Ann-Lisett Rebane und Katariina Kivi, zurzeit eines der gefragtesten Ensembles auf internationalen Weltmusik-Festivals und Botschafter*in unserer Partnerstadt Tartu, verzauberten mit ihrem Gesang und ihrem Zitterspiel das Publikum.

Die Operette des jüdisch-österreichischen Komponisten Oscar Straus (1870 – 1954) Eine Frau, die weiß, was sie will! (Komische Oper Berlin) in der Regie von Barrie Kosky (AUS) und der musikalischen Leitung von Adam Benzwin (ARG) sowie Schauspiel/Gesang Max Hopp (DE), Dagmar Manzel (DE) erntete frenetischen Applaus.

Katerfrühstück

Die angereisten Gäste und die Bad Ischler bewiesen auch am Sonntag ein großartiges Durchhaltevermögen. Mit großem Interesse wurde Europa im Umbruch – 1. Weltsalon wahrgenommen. Aleida Assmann (DE), Nava Ebrahimi (IRN/D) und Fiston Mwanza Mujila (COD) diskutierten unter der Gesprächsleitung von Herfried Münkler (DE) am nächsten Morgen in der Kaiservilla über den Zustand unseres Heimatkontinents angesichts der aktuellen politischen und klimatischen Katastrophen und debattierten über die Rolle von Kultur, Bildung, Poesie und Kunst bei einer Neujustierung der politischen, gesellschaftlichen, humanitären Werte in Europa. Ebenfalls großen Anklang fand die Präsentation des Audio-Kunstwerks Großer Welt-Raum-Weg von Christoph Viscorsum (AT/DE) in Zusammenarbeit mit Andreas Hagelüken (DE). 

Das Wirtshauslabor Salzkammergut 2024, das Genusslabor der 4 HLa der Tourismusschule Bad Ischl und Christoph „Krauli” Held (Siriuskogl) (AT) überzeugte mit seinem frischen Gastrokonzept im Leerstand der ehemaligen Restauration am Bahnhof Bad Ischl. Vom 17. bis 22. Jänner wurden rund 1.800 à la Carte-Gerichte und mindestens doppelt so viele Getränke ausgegeben.

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

Comments

  1. Rainer Hilbrand, ein großes Kompliment an Ihren ausführlichen, objektiven Bericht über die ersten Tage Europäische Kultur-Hauptstadt (-Region).
    Welche Wohltat nach den vielen polemischen Berichten rundum. Danke.

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