Lauffen/Bad Ischl: Das Leben der Dinge. Geraubt – verschleppt – gerettet

26. April 2024

„Das Leben der Dinge. Geraubt – verschleppt – gerettet“ beleuchtet anhand zeitgenössischer künstlerischer Positionen das Schicksal von Kunstwerken und Artefakten zwischen Raub, Verschleppung und Restitution. Das Spektrum der im Alten Marktrichterhaus in Lauffen bei Bad Ischl gezeigten Arbeiten reicht von der Auseinandersetzung mit kolonialem Raub und teils fragwürdiger Sammeltätigkeit über den staatlich geplanten Kunstraub und die Enteignungen („Arisierungen“) im Dritten Reich bis hin zum kulturellen Genozid durch die Verschleppung und Vernichtung von Kulturgütern.
Die Ausstellung im revitalisierten Alten Marktrichterhaus in Lauffen bei Bad Ischl ist der dritte und letzte Teil einer Ausstellunsgreihe, die unter dem Projekttitel „Die Reise der Bilder“, bei der das Lentos Kunstmuseum Linz in Kooperation mit der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024, im Rahmen der Programmlinie „Macht und Tradition“, gemeinsam drei Ausstellungen präsentieren: „Die Reise der Bilder. Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut“ (bis 08/09/2024) im Lentos Kunstmuseum Linz, „Wolfgang Gurlitt. Kunsthändler und Profiteur in Bad Aussee“ (bis 03/11/2024) in Kooperation mit dem Kammerhofmuseum in Bad Aussee und „Das Leben der Dinge. Geraubt – verschleppt – gerettet“
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Der Ort Lauffen bei Bad Ischl wurde für die Ausstellung bewusst gewählt: Zwischen November 1944 und Kriegsende wurden in den Stollen des hiesigen Salzbergwerkes Bestände der Wiener Museen zum Schutz vor Bombardierungen eingelagert. „Geschichte ist nie zu Ende aufgearbeitet. Sich genau zu erinnern, heißt aber auch, sich immer wieder den historischen Abläufen zu stellen und sie zu überprüfen. Sie schaffen die Grundlage unseres eigenen und des kollektiven Selbstverständnisses, aus dem wir schöpfen, um das Heute eventuell besser einschätzen zu können und vernünftigere Handlungsräume für die Zukunft zu öffnen“, ist Elisabeth Schweeger, Künstlerische Geschäftsführerin der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024, überzeugt.

Zu sehen ist die Gruppenschau im Alten Marktrichterhaus in Lauffen, das von Peter Löw, Unternehmer und Chefkurator des „The European Heritage Project“, vor Kurzem revitalisiert wurde. 14 zeitgenössische künstlerische Positionen verhandeln das Schicksal von Kunstwerken zwischen Raub, Verschleppung, Restitution und Rekonstruktion. „Das Repräsentationsbestreben totalitärer Regime diente schon immer der Festigung der eigenen Herrschaft und der Demütigung besiegter Feinde, deren Kunst und Kultur durch Raub und Zerstörung vereinnahmt wurden. Systematischer Kunstraub ist ein seit der Antike bekanntes Phänomen. Er war eine Strategie, die nicht nur den Transfer von Wertgegenständen bedeutete, sondern auch ein Mittel zur Legitimation kultureller Dominanz darstellte“, erklärt Lentos-Direktorin und Kuratorin der Ausstellung Hemma Schmutz.

Zu sehen sind international renommierte, aber auch frische Positionen: Said Baalbaki, aus dem Libanon, reflektiert mit Der Arm. One Hand Can’t Clap (2011) die Zerstörungen während des libanesischen Bürgerkrieges und das komplexe Verhältnis seines Landes zur Gedenkkultur. Der Österreicher Oliver Laric beschäftigt sich in Sleeping Figure (2023) mit der Transformation antiker Skulpturen und Fragen der Rekonstruktion des kulturellen Erbes. Michael Rakowitz aus den USA setzt sich mit The Invisible Enemy Should Not Exist (2018) kritisch mit den Auswirkungen des Irak-Krieges auf das kulturelle Erbe auseinander und rekonstruiert zerstörte Artefakte mithilfe von Verpackungsmaterial und Zeitungen aus dem Nahen Osten. Gezeigt werden auch Werke von CATPC, einem Kollektiv von Plantagenarbeiter*innen aus der Demokratischen Republik Kongo, in Kollaboration mit dem niederländischen Künstler Renzo Martens. Werke wie der Film Plantations and Museums (2022) und das NFT Human Activities, The Balot NFT (2022), setzen sich mit den Nachwirkungen kolonialer Ausbeutung und dem Rückkauf ehemaliger Plantagen auseinander. CAPTC und Martens bespielen aktuell auch den niederländerischen Pavillon auf der internationalen Kunstausstellung 60. Biennale in Venedig. Weiters sind Werke von Hera Büyüktaşçıyan (TR), Maeve Brennan (UK), Ines Doujak (AT), Assaf Hinden (IL), Moussa Kone (AT), Nii Kwate Owoo (GH), Markus Proschek (AT), Anja Ronacher (AT), Dierk Schmidt (DE) und Philip Topolovac (DE) zu sehen.

Mitwirkende
Projektträger
Lentos Kunstmuseum Linz
Direktorin Museen der Stadt Linz, Kuratorin Lauffen Hemma Schmutz Gastkurator Lauffen Markus Proschek
Kuratorische Assistenz Sarah Jonas
Ausstellungsgestaltung Klemens Breitfuss
Programmleitung Bad Ischl Salzkammergut 2024 Lisa Neuhuber

Alle Fotos:©Ingrid Hilbrand/Salz-TV: TV – Bericht folgt

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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