Mit KI und digitalen Prozessen zu nachhaltigen Batterien für die Automobilindustrie

Die Wertschöpfungsketten der Produktion von Batterien für die Automobilindustrie effizienter, zuverlässiger und nachhaltiger gestalten – das ist das Ziel des neuen europäischen Spitzenforschungsprojekts „DigiCell” unter der Leitung der Linzer Keysight Technologies GmbH. Dank der Beratung durch die Expert:innen der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria und der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG erhält das Projekt 5,4 Millionen Euro aus dem Horizon-Europe-Programm der EU. Davon fließen zwei Millionen Euro nach Oberösterreich. Vom Land OÖ gab es zudem 25.000 Euro Förderung für die Vorbereitung des Förderantrags.

Die weltweite Nachfrage nach Batterien für Elektrofahrzeuge wird in den kommenden Jahren stark steigen. Um deren Herstellung an die EU-Klimaziele und den Green Deal der EU anzupassen, braucht es innovative Batteriesysteme, die mithilfe von digitalen Modellierungstechnologien entwickelt werden. Hier setzt das neue Forschungsprojekt „DigiCell” an. „Durch die Transformation der Herstellungs- und Testprozesse von Einzelzellen und kompletten Automobilpacks mit fortschrittlicher Modellierung und maschinellem Lernen machen wir die Wertschöpfungskette der Batterien effizienter, zuverlässiger und nachhaltiger”, sagt Projektkoordinator Nawfal Al-Zubaidi Smith vom Forschungsstandort der Keysight Technologies in Linz, der Teil eines multinationalen Silicon-Valley-Konzerns mit 15.000 Mitarbeiter:innen ist.

Digitale Prozesse und KI-basierte Datenanalyse

Das multidisziplinäre Forscherteam entwickelt neue Messwerkzeuge für Materialien sowie mehrskalige digital integrierte Batteriemodelle in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen. Durch die Zusammenarbeit mit Partnern aus acht europäischen Ländern erhält „DigiCell” in den nächsten drei Jahren mehr als sechs Millionen Euro an Fördermitteln aus dem Horizon-Europe-Programm der Europäischen Union und dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SERI) der Schweiz.

2 Mio. Euro von der EU nach Oberösterreich

Zwei Millionen davon fließen allein nach Oberösterreich. Denn der Projektkoordinator Keysight Technologies hat seinen Forschungssitz in Linz. Zentrale Partner sind außerdem die Johannes Kepler Universität Linz (JKU, Arbeitsgruppe Nanoelektronik unter der Leitung von Georg Gramse) und die KREISEL Electric GmbH aus Rainbach im Mühlkreis. Die JKU arbeitet an Modellen und an der Aufklärung nano-skaliger Mechanismen der Energiespeicherung in Batteriezellen, KREISEL Electric an verbesserten Batteriesystemen für Anwendungen im Off-Highway- und Marinebereich. Ein weiterer österreichischer Partner ist die AIT Austrian Institute of Technology GmbH. Diese arbeitet an neuen Batteriespeichermaterialien, die ohne Lithium auskommen und stattdessen beispielsweise Natrium oder Magnesium als Energieträger nutzen.

Das Projektteam bei KREISEL Electric (v. l.): Johannes Angerer, Alberto Romero Freire und Tony Pattupara
(C) Kreisel Elektrik

Forschung als Hochleistungssport

„Was Keysight Technologies hier vorhat, ist Forschung auf Spitzenniveau und fällt in das EU-Rahmenprogramm ‚Horizon Europe’, das Forschungsprogramm mit dem weltweit größten Finanzvolumen”, betont Zuzana Lettner, Förderexpertin bei der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria. Bereits die Vorarbeiten – zusammenstellen des Projektkonsortiums, Förderantrag formulieren und einreichen – sind vergleichbar mit Hochleistungssport. Um auf dem Stockerl zu stehen – sprich Fördergeld aus dem EU-Programm zu erhalten – müssen Forscher:innen Höchstleistungen erbringen. Darum fördert auch das Land Oberösterreich diese Vorarbeiten mit dem Programm „Horizon Europe-Antragsfit”. Oberösterreich war eines der ersten und ist auch eines der wenigen Bundesländer mit einer solchen Förderung.

Professionelle Förderberatung

Eine Voraussetzung für die 25.000 Euro Förderung des Landes Oberösterreich ist ein sogenannter Proposal-Check, also die Evaluierung des Förderantrags. Dabei beraten die Expert:innen der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria die oberösterreichischen Unternehmen und haben dies auch bei Keysight Technologies getan. „Neben diesem Proposal-Check haben wir Keysight Technologies zusätzlich maßgeschneidert, individuell und umfangreich beraten”, ergänzt Zuzana Lettner. „Wir haben dem Unternehmen den entscheidenden Hinweis auf einen sehr spezifischen Expertencheck gegeben, den die EU-Initiative ‚Ideal-ist’ anbietet.” Erfahrene Evaluator:innen unterziehen hier Projektanträge einem sogenannten in-depth review ‒ also einer besonders genauen Rezension ‒ in Zusammenarbeit mit Expert:innen der Nationalen Kontaktstelle für Horizon Europe bei der FFG in Wien.

Erfolgreicher Projektantrag

Durch diese erfolgreiche Vorbereitung des Projektantrags erhielt Keysight Technologies die 25.000 Euro Landesförderung. Beim Expertencheck schnitt „DigiCell” unter 40 EU-weiten Projektanträgen am besten ab und erhält nun 5,4 Millionen Euro Fördergeld von der EU, von denen zwei Millionen nach Oberösterreich fließen. Das Projekt startete mit dem Kick-off-Meeting im Jänner 2024. „Somit ist erneut Expertise aus Oberösterreich auf europäischer Ebene zum Zug gekommen”, freuen sich Zuzana Lettner von Business Upper Austria und Ferry Kienberger, Keysight Österreich Geschäftsführer.

Materialien und digitale Modellierung

Die KI-basierten Modelle von „DigiCell” werden das Verhalten von Batterien unter verschiedenen Herstellungsbedingungen simulieren. Dabei können Keysight, JKU und KREISEL Electric herausfinden, wie Batterieleistung und Materialeigenschaften korrelieren. Durch das Anpassen von Produktionsparametern gemäß den Modellen kann die Qualität der Batteriekomponenten überwacht und kontrolliert werden. „Dieser neue Ansatz kombiniert Nano- bis Makromaterialien und physikalische Modellierung, um erstmals Batteriepacks bis zu einer Leistung von einem Megawatt mit neuen zu testen ‒ eine erhebliche Verbesserung gegenüber den aktuellen Batterietestmethoden”, erklärt Johannes Angerer von KREISEL Electric.

„DigiCell” ebnet Weg in grüne Zukunft

Das Projektteam wird auch einen Digitalen Zwilling des Produktionsprozesses erstellen, um Echtzeitsimulationen durchzuführen und Informationen mit tatsächlichen Produktionslinien auszutauschen. „Der neuartige Ansatz kann den Materialverbrauch erheblich reduzieren, Energie bei der Produktion einsparen und Emissionen senken und dabei die Leistung über den Batterielebenszyklus verbessern”, ist Manuel Kasper, technischer Leiter bei Keysight, überzeugt. Die Ergebnisse werden über eine webbasierte Open-Innovation-Plattform zugänglich gemacht. „Wir werden fortschrittliche Batterie- und Materialtests mit multiphysikalischer Modellierung kombinieren und in einem offenen Umgebungssystem integrieren. Auf diese Weise revolutionieren wir die EU-Wissenschaftslandschaft für Batterien, unterstützt durch KI-basierte Datenanalyse, und steigern die Wettbewerbsfähigkeit der EU im Sinne des Forschungsrahmenprogramms ‚Horizon Europe'”, ergänzt Gerald Kada, EU Projektkoordinator bei Keysight.

Mehr Informationen finden Sie unter:

http://www.digicell-project.eu/

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: (c) by salzTV