Die Bevölkerungsentwicklung in Oberösterreich spricht eine klare Sprache. Die Menschen im Land werden älter, der Bedarf an Pflege wird in den kommenden Jahrzehnten steigen. Der Oö. Landtag hat sich in der zweiten Ausgabe seiner Veranstaltungsreihe „Raus aus der Nebelzone” am 24. April beim Unternehmen Loxone mit den Beiträgen der Wissenschaft zu dieser gesellschaftlichen Herausforderung beschäftigt. „Die Erkenntnisse der Wissenschaft und davon abgeleitete Entwicklungen sind in allen Lebensbereichen Treiber des Fortschritts und der Lebensqualität, besonders in der Pflege. Die heutigen spannenden Vorträge und das forschungsintensive Unternehmen Loxone zeigen klar auf, dass technische Innovationen die Arbeit in der Pflege entscheidend erleichtern können. Wissenschaft trägt dazu bei, den drohenden Mangel an Pflegepersonal zu verringern und pflegebedürftigen Menschen genau das Maß an Unterstützung zukommen zu lassen, das sie für ein selbstbestimmtes Leben brauchen,” so Landtagspräsident Max Hiegelsberger.
Von Schwangerschaft bis zum Seniorenzentrum: Fachvorträge geben Einblick in aktuelle Forschungsfelder und zukünftige Lösungen
Die „Raus aus der Nebelzone” – Reihe des Oö. Landtags bringt wissenschaftliche Fragestellungen und Lösungen zu den Menschen und zwar anhand konkreter Lebensbereiche. Diesem Prinzip folgend erhielten die interessierten Besucherinnen und Besucher im Loxone-Auditorium spannende Einblicke in aktuelle Forschungsfelder und zukünftige Anwendungen zu den Themen Pflege und Reproduktionsmedizin. „Vielen Menschen ist nicht bewusst, wie sehr unser Alltag von Forschungserkenntnissen geprägt wird. Forschungsergebnisse gehen durch neue Produkte und Verfahren auf aktuelle und zukünftige Problemstellungen ein. In unserem demokratischen System liegt die Letztverantwortung, was an Forschungsergebnissen dann auch in die Praxis umgesetzt wird, in unserer aller Verantwortung. Dafür wollen wir Neugier wecken und die Menschen miteinbeziehen. Denn: Wer nichts weiß, muss alles glauben,” so Landtagspräsident Max Hiegelsberger.

Foto: Land OÖ/Daniel Kauder
Im Folgenden die Kurzusammenfassungen der Fachvorträge und der anschließenden Diskussion:
Lukas Fischer Ph.D., Research Manager bei SCCH: Schwanger Dank KI
Lukas Fischer arbeitet an selbstlernenden Systemen, um im Prozess der In-Vitro-Fertilisation die Qualität von Embryonen zu bewerten und damit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Schwangerschaft zu erhöhen. Dazu werden die Daten, die dem medizinischen Personal zur Verfügung stehen, um die Auswahl von Embryonen zu treffen, zum Training einer künstlichen Intelligenz verwendet. Mittels dokumentierter Fälle identifiziert der Computer die entscheidenden Parameter für einen glücklichen Ausgang und verbessert dadurch die Prognosequalität. „Mit jedem Prozent Verbesserung bei der Auswahl von Embryonen und darauffolgender gut verlaufener Schwangerschaft verringern wir die Belastung und das Leid der Betroffenen. Das ist ein höchst erstrebenswertes Forschungsziel”, so Lukas Fischer.
Dr. Michael Giretzlehner – Head of Research Department Medical
Informatics, RISC Software GmbH: KI-basiertes Frühwarnsystem
für Krankenstationen
Das Projekt AIMS (AI Monitoring and early warning for patient Safety) verwendet auf der Intensivstation erhobene Daten, um möglichst früh Verschlechterungen des Gesundheitszustandes der Patienten zu erkennen und das medizinische Personal zu warnen. Ziel ist es, die Patientensicherheit zu erhöhen und zwar nicht nur beim Übergang von der Intensiv- auf die Normalstation, sondern auch im Warteraum oder beim Heimkommen in das eigene Zuhause. Daten der Intensivstationen gibt es mittlerweile seit 15 Jahren, ebenso die Krankheitsverläufe der Patienten. Aus dieser Fülle an anonymisierten Informationen können intelligente Systeme Zusammenhänge erkennen und bei der Betreuung aktueller Patienteninnen und Patienten anwenden. „Unser System stellt eine Unterstützungsleistung für das medizinische Personal dar. Wie diese auf die Warnung und die erhobenen Daten reagieren, bleibt den Menschen überlassen. Diese tragen die Verantwortung. Es ist klar, dass derartige Systeme kommen werden. Wir brauchen Modelle und Anwendungen, die für uns funktionieren und die nicht auf China oder die USA abgestimmt sind”, so Dr. Michael Giretzlehner.
Mag.a Isabel Karlhuber – CEO LIFEtool Solutions GmbH: Assistenz-
und Kommunikationstechnologien für Menschen mit Einschränkungen
LIFEtool Solutions GmbH entwickelt Assistenzsysteme für Menschen mit Beeinträchtigungen. Sie stärken deren gesellschaftliche Teilhabe vor allem über Sprachunterstützung, aber auch mittels Trainingstools und anderer Entwicklungen.
Die von LIFEtool Solutions entwickelte Integramouse, eine mit dem Mund gesteuerte Computermaus, ermöglicht ermüdungsfreies Arbeiten selbst in künstlerischen Berufen und integriert ein Atemmuskeltraining zur Förderung der Gesundheit der Klienten. Weitere Entwicklungen sind das leicht zu bedienbare Lifepad als Alternative zu herkömmlichen Tablets oder das Robopet, ein künstliches Haustier für an Demenz erkrankte Patientinnen und Patienten.
Mag. (FH) Robert Ritter-Kalisch, Bed – Direktor SZL Seniorenzentren Linz GmbH: Einsatz von digitalen Technologien im Seniorenzentrum Linz
Das Seniorenzentrum Linz prüft im Normalbetrieb, welche technischen Anwendungen einen echten Mehrwert für das Pflegepersonal und die betreuten Menschen bringen. Der Pflegetechnologiefonds des Landes Oberösterreich hat dafür Mittel zur Verfügung gestellt. Knotenpunkt ist die Pflegedokumentation über Spracherkennungsprogramme, die auch automatisch am richtigen Ort gespeichert wird. Sturzsensoren, Telemedizin und ein Sensor-Pad auf den Matratzen zur Erkennung von Bewegungsmustern komplettieren die Ausstattung.
Die FH Oberösterreich untersucht die Ergebnisse, in erster Linie die Entlastung des Pflegepersonals, die Reduktion von Stürzen und Krankenhausaufenthalten und die Zeitersparnis für das Pflegepersonal.
Mag. Ritter-Kalisch ist sich sicher, dass sich diese Technologien sich durchsetzen werden. Sie ermöglichen den Pflegerinnen und Pflegern, wieder mehr Zeit für ihre eigentliche Aufgabe – die Arbeit am Menschen – einzusetzen.
Talkrunde zeigt Relevanz in der Praxis auf
In der abschließenden Talkrunde reflektierte Moderatorin Dr.in Christine Haiden die vielfältigen Inputs aus der Forschung mit drei Gesprächspartnerinnen und -partnern aus der Praxis. Ein lohnender Abschluss für das Publikum, der aufzeigte, wo Forschungsergebnisse und Neuentwicklungen in der Praxis bereits Fuß fassen.
Rüdiger Keinberger, CEO Loxone Electronics, sieht den Vorteil der von Loxone angebotenen Gebäudeautomatisierung darin, selbstbestimmtes Leben auch im hohen Altem zu ermöglichen. Das erreichbare Ziel ist gut acht Lebensjahre mehr an hoher Lebensqualität im Eigenheim. Man kann in vielen Bereichen das Leben der Menschen erleichtern, dafür gibt es bereits technische Lösungen, die schnell einsetzbar sind.
Mag. Stefan Pimmingstorfer, Leiter Fachbereich Betreuung und Pflege bei Caritas Oberösterreich bekräftigte, dass es immer die Menschen im Blick zu behalten gilt. Technische und digitale Lösungen ermöglichen mehr Zeit für den Kontakt mit den zu pflegenden Menschen. Auch im Bereich der mobilen Pflege werden diese Anwendungen bereits verwendet, da braucht es ständige Innovationen und Forschungskooperation. Die Caritas bietet sich als Anwendungspartner in der Praxis an. Das Land OÖ hat in den diesem Bereich mit der Pflegearchitektur 2040 eine zukunftsweisende Strategie ins Leben gerufen.
Anna Ferihumer – Geschäftsführerin der OÖ Pflege- und BetreuungsManagement GmbH führte aus, dass sich die Zahl der Pflegebedürftigen weiter massiv erhöhen wird. Andere Länder wie Japan sind uns bei dieser Entwicklung voraus und zeigen, welche Phänomene bei uns Fuß fassen könnten. Mit Pflegekräften aus Drittstaaten allein wird die Herausforderung nicht zu schaffen sein. Die Menschen brauchen mehr gesunde Lebensjahre zuhause, da ist das große Potential. Dafür gilt es, zu digitalisieren und die Menschen für diese Potentiale zu begeistern.
Veranstaltungsreihe „Raus aus der Nebelzone”
- Oö. Landtag startete die Initiative „Raus aus der Nebelzone – Wissenschaft bringt Orientierung” mit je drei Veranstaltungen pro Jahr
- Auftakt am 27. März in Linz, dann je zwei Termine pro Viertel bis 2027
- Präsentation von Forschungsleistungen und deren praktischen Anwendungen anhand konkreter Themen wie Pflege, Mobilität und Landwirtschaft zeigen positive Wirkung der Wissenschaft auf
- Kooperation mit UAR Innovation Network und Industriellenvereinigung Oberösterreich
- Forschungsintensive Unternehmen präsentieren aus ihrer Entwicklungsarbeit
- Roadshow mit Umsetzungsbeispielen wissenschaftlicher Erkenntnisse begleitet die Abendveranstaltungen mit einer Länge von 90 Minuten
- Nächste Veranstaltung am 02. Juni 2025 im Welios Science Center in Wels zum Thema: „Umbau des Energiesystems”
- Infos und Anmeldung unter www.ooe-landtag.at/wissenschaft