Geringe Bildungsmobilität zwischen Generationen

Geringe Bildungsmobilität zwischen Generationen

Wien, 2024-05-21 – Das formale Bildungsniveau in Österreich steigt, wie aus „Bildung in Zahlen 2022/23“ von Statistik Austria hervorgeht. Darüber hinaus zeigt die aktuelle Publi- kation, dass Bildungschancen in Österreich nach wie vor zu einem nicht unerheblichen Teil „vererbt“ werden und frühe Bildungsentscheidungen ausschlaggebend für die gesamte Bildungslaufbahn sind.

„Bildung zahlt sich aus – mit höherem Abschluss steigen die Beschäftigungschancen am Arbeitsmarkt und die Entlohnung fällt höher aus. Die Bildungsmobilität zwischen den Generationen ist in Österreich nur schwach ausgeprägt und die Weichen für die Bildungslaufbahn werden früh gestellt. So besuchen neun von zehn Schüler:innen nach dem Abschluss einer AHS-Unterstufe maturaführende Schulen, jedoch nur vier von zehn nach Abschluss einer Mittelschule“, so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Bildungsstand steigt insgesamt, Anteil an Personen mit Lehrabschluss rückläufig

Das Bildungsniveau der österreichischen Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren steigt weiterhin. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Anteil von Personen mit Hochschul- oder Akademie-Abschluss um rund 5 Prozentpunkte erhöht (2011: 14,6 %; 2021: 19,7 %). Im Gegenzug ist der Anteil an Personen mit Lehrabschluss gesunken. Betrug dieser im Jahr 2011 36,0 %, so sank er bis zum Jahr 2021 um 3,4 Prozent- punkte. Dennoch bleibt der Lehrabschluss wie in den letzten drei Jahrzehnten anteilig betrachtet der häu- figste Abschluss in Österreich.

Personen mit Lehrabschluss haben zeitlich betrachtet den schnellsten Berufseinstieg (im Median 22 Tage) sowie eine relativ niedrige Arbeitslosenquote (3,9 %). Deutlich höher sind die Arbeitslosenquoten von Per- sonen ohne formale Ausbildung (höchstens Pflichtschulabschluss: 12,2 %) sowie von Personen mit AHS als höchstem Abschluss (8,0 %). Hingegen weisen Personen mit BHS- (3,2 %) oder Hochschulabschluss (3,5 %) noch niedrigere Arbeitslosenquoten auf als Personen mit Lehrabschluss.

Frühe Bildungsentscheidungen stellen zentrale Weichen

Bereits früh in der Bildungskarriere werden zentrale Weichen für die Zukunft gestellt. Nach dem Abschluss einer AHS-Unterstufe besuchen in Folge neun von zehn Schüler:innen eine maturaführende Schule. Nach dem Abschluss einer Mittelschule sind es mit 40,3 % deutlich weniger. Ist die BMS für beinahe jede:n Fünf- ten (18,3 %) nach der Mittelschule die Schule der Wahl, trifft dies nur auf 2,0 % nach dem Abschluss der AHS-Unterstufe zu. Für viele geht der Weg nach Abschluss einer Mittelschule in Richtung Lehre. So besu- chen 22,3 % in Folge die Polytechnische Schule.

Wahrscheinlichkeit, Sekundarstufe II erfolgreich abzuschließen, von zahlreichen Faktoren be- einflusst

Eine vertiefende Analyse von 120 000 Bildungskarrieren von Schüler:innen in Österreich zeigt, dass es zent- rale Erfolgsfaktoren gibt, die einen Abschluss der Sekundarstufe II begünstigen. Dazu wurden die Daten aller Kinder, die 2012/13 oder 2013/14 erstmals die 9. Schulstufen besuchten, über die darauffolgenden Schuljahre hinweg bis 2019/20 analysiert. Evident ist, dass eine erfolgreiche Bildungskarriere von einer Viel- zahl von Faktoren und deren Zusammenspiel abhängt, wobei grundsätzlich alle Gruppen von Schüler:innen gute Chancen haben, die Sekundarstufe II erfolgreich abzuschließen.

Ein wesentlicher Faktor für einen erfolgreichen Abschluss ist die vorangegangene schulische Leistung, aber auch personenbezogene Merkmale sind zentral. Schüler:innen mit einem unterstützenden persönlichen Hintergrund sind klar im Vorteil, und Mädchen erfolgreicher als Burschen. In Zahlen ausgedrückt: Vergleicht man zwei Kinder, die in Österreich aufgewachsen sind, beide einen stark unterstützenden Hintergrund so- wie beide eine Hauptschule abgeschlossen haben und variiert nur das Geschlecht, so haben Schülerinnen eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 91 % und Schüler eine von 88 %, die AHS-Oberstufe abzuschließen. Va- riiert man hingegen den persönlichen Hintergrund, so haben in Österreich aufgewachsene Schüler mit Hauptschulabschluss, jedoch mit wenig unterstützendem persönlichen Hintergrund, eine um rund 18 Pro- zentpunkte niedrigere Erfolgswahrscheinlichkeit von 70 % für einen AHS-Abschluss.

Auch mit dem Abschluss einer AHS-Unterstufe steigt im Vergleich zu einem Hauptschulabschluss die Wahr- scheinlichkeit, die Sekundarstufe II erfolgreich abzuschließen. So verändert sich die Erfolgswahrscheinlich- keit für Schüler, die in Österreich aufgewachsen sind und einen stark unterstützenden persönlichen Hinter- grund haben, je nach Abschluss der Sekundarstufe I deutlich: Für jene mit Hauptschulabschluss liegt sie bei 88 %, für jene mit Abschluss einer AHS-Unterstufe bei 95 %. Zu bedenken ist dabei, dass bei zentralen Bil- dungswegentscheidungen eine Auswahl stattfindet. So wird die AHS-Unterstufe häufiger von Kindern mit besserer vorangegangener schulischer Leistung besucht und diese verfügen bereits von vornherein über höhere Erfolgschancen.

Vererbung von Bildungschancen: Elternhaus bedeutsam für eigenen Abschluss

Dass der persönliche Hintergrund der Schüler:innen für die zukünftige Bildungskarriere von Bedeutung ist, belegen aktuelle Zahlen der Erwachsenenbildungserhebung 2022/23. Für Kinder, deren Eltern einen nied- rigen formalen Bildungsabschluss haben, ist es weniger wahrscheinlich, einen Bildungsabschluss einer hö- heren Schule oder Universität zu erreichen. So haben mehr als ein Drittel der 25- bis 44-jährigen Befragten (36,2 %), deren Eltern maximal eine Pflichtschule abgeschlossen haben, ebenso höchstens eine Pflicht- schule und weitere 42,3 % eine Lehre bzw. BMS abgeschlossen. Nur 9,4 % schaffen einen Hochschul- bzw. Akademie-Abschluss. Betrachtet man hingegen 25- bis 44-jährige Befragte, deren Eltern selbst einen Hoch- schulabschluss haben, so schließen sechs von zehn (61,3 %) ebenso eine Hochschule ab.

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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