Hitzewelle und Wintereinbruch in den Bergen – ist das noch normal?

Dieser April sandte Bergfans durch ein Wechselbad der Gefühle: Zwischen frühsommerlichen Temperaturen und einem unerwarteten Wintereinbruch mit Schnee bis in die Täler lagen weniger als 48 Stunden. Der Deutsche Alpenverein erklärt die Wetterphänomene und gibt Bergtipps für die kommenden Tage.

In den Hochlagen des Allgäus hat es seit Mitte April deutlich mehr als einen Meter Neuschnee gegeben. „Diese Schneemengen sind zwar bemerkenswert, aber für April nicht komplett außergewöhnlich“, erklärt Michael Pröttel, langjähriger Autor des DAV-Bergberichts. Bereits letztes Jahr habe es ebenfalls im April einen starken Wintereinbruch gegeben.

Die Chiemgauer Alpen, hier der 1782 Meter hohe Zwiesel, zeigen sich wieder deutlich in weiß. Foto: DAV/Franz Güntner

Wenige Tage vor dem Schneefall hingegen überschlugen sich die Nachrichten mit Meldungen über neue Wärmerekorde in Deutschland und auch am Alpenrand knackten die Temperaturen an mehreren Tagen die 20-Grad-Marke. Der April gilt als der vom Klimawandel am stärksten betroffene Monat: Er wurde in den vergangenen 30 Jahren um 1,6 Grad wärmer – kein anderer Monat hat sich so stark erhitzt. Den wärmsten April gab es 2018, mit einer Erwärmung von fünf Grad gegenüber dem langjährigen Mittel. „Doch auch die Jahre 2011, 2019, 2020 und 2024 waren ungewöhnlich warm“, so Pröttel. Gleichzeitig kann er den Winter kurzfristig zurückbringen, zum Beispiel in den letzten beiden Jahren – oder 2018, als am 1. April in Gersdorf, Mecklenburg-Vorpommern, 35 Zentimeter Schnee lagen.

Woher kommen also diese Schwankungen? Meteorologisch lassen sie sich so erklären: „Im April treten über Europa oft sogenannte meridionale Wetterlagen auf, bei denen großräumige Strömungen entlang der Längengrade erfolgen und Luftmassen verschiedener geographischer Breiten ausgetauscht werden“, sagt Michael Pröttel.

Der aktuelle Wintereinbruch sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Klimawandel den Alpen massiv zusetzt. Die Temperaturen im Alpenraum haben sich im Vergleich zum globalen Durchschnitt bisher doppelt so stark erhöht – in den Bergen wurde die 2-Grad-Grenze bereits überschritten. Die Folgen sind gravierend: Unter anderem mehren sich Bergstürze wie erst kürzlich am Piz Scerscen in der Schweiz (genaue Untersuchungen der Ursache stehen noch aus) und, wie eine aktuelle Studie mit Forschenden der Uni Innsbruck und des Helmholtz Zentrums München zeigen konnte, auch der Nährstoffhaushalt leidet unter den wärmeren Bedingungen. Durch die kürzeren Schneephasen wird das feine Zusammenspiel der speziell angepassten Hochgebirgspflanzen gestört und die Nährstoffe können möglicherweise nicht mehr ausreichend gespeichert werden. Das erhöht den Druck auf die Tiere und Pflanzen in den widrigen Bedingungen des Hochgebirges zusätzlich – und ein Wintereinbruch im April reicht nicht aus, dieses Gleichgewicht wieder herzustellen.

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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