JKU Studie: Aktuelle Befunde des Schulleitungs-Barometers Austria 2024

Eine Studie der Johannes Kepler Universität Linz untersucht den Personalmangel an den Schulen in Österreich und die zentrale Rolle von Schulleitungen vor Ort für die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung.

Aktuelle Herausforderungen an Schule und Bildung fordern die Schulkollegien und die Schulleitungen. Neben den berechtigten Forderungen nach zeitgemäßer Bildung und hoher Qualität von Schule und Unterricht sind fast die Hälfte der Schulen Österreichs mit Personalmangel konfrontiert, davon 80 Prozent sogar gravierend.

Schulleitungen sind vor Ort in den Schulen wichtig für die Qualität und die Entwicklung von Schule und Bildung, auch im Umgang mit den vielfältigen Anforderungen. Schulleitungen sind aktuell aber auch stark gefordert, ein großer Teil ist am Limit oder überfordert.

Dies zeigt eine aktuelle Studie der Linz School of Education der Johannes Kepler Universität Linz. Im Schulleitungs-Barometer Austria 2024 wurden repräsentativ Meinungen und Erfahrungen von Schulleiter*innen aus ganz Österreich und aus allen Schulformen abgefragt. Aus den Ergebnissen werden Empfehlungen für Politik und Verwaltung formuliert.

„Digitalisierung, Migration oder Personalmangel – unsere Schulen sind derzeit mit vielfältigen Anforderungen konfrontiert. Schulleitungen kommt dabei als Führungskräften eine Schlüsselrolle zu. Die Ergebnisse des Schulleitungs-Barometers Austria 2024 zeigen, dass genau diese so wichtigen Schlüsselpersonen aktuell stark gefordert sind – ein großer Anteil ist überfordert und am Limit, erklärt Studienleiter Univ.-Prof. Dr. Stephan Gerhard Huber von der JKU Linz School of Education. “Es gibt eine Reihe von Herausforderungen, gerade der Personalmangel stellt eine große Belastung dar.

Personalmangel an den Schulen in Österreich

Erste Analysen zeigen: Rund 45% der Schulleitungen geben an, dass es derzeit einen Mangel an Lehrkräften an ihrer Schule gibt, der tendenziell größere Auswirkungen hat und problematisch ist. Dieser Mangel zeigt sich besonders stark in den folgenden Bereichen: in der Sonderpädagogik, im Ganztag, bei Volksschullehrkräften sowie in den Fächern Physik, Chemie, Sport und Musik.

Der Lehrkräftemangel führt teilweise zu Unterrichtsausfall oder der Zusammenlegung von Klassen. Besonders häufig führt der Mangel jedoch dazu, dass teil- und vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte Überstunden leisten müssen sowie nicht ausgebildete oder fachfremde Lehrkräfte unterrichten.

Als wirksame Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel sehen die befragten Schulleitungen u.a. die Anhebung der Gehälter, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Einstellung von zusätzlichem administrativem Personal und die Verkürzung der Ausbildung.

Arbeitsbelastung und Arbeitszufriedenheit

Die ersten Ergebnisse des Schulleitungs-Barometers Austria 2024 zeigen eine eher hohe Arbeitszufriedenheit der Schulleitenden. Allerdings ist die Gruppe der Schulleitungen, die ein hohes Stresserleben haben, eine hohe berufliche Belastung empfinden und eine niedrig ausgeprägte Arbeitszufriedenheit aufweisen, mit 41% Prozent ausgesprochen hoch. So gibt auch rund ein Drittel der Befragten an, in ihrem Beruf ständig überfordert zu sein. Rund die Hälfte gibt an, selten das Gefühl zu haben, einmal richtig abschalten zu können. Eine der Ursachen für diese empfundene Belastung könnte darin liegen, dass der Aufgabenbereich von Schulleitenden nach eigenen Angaben in den letzten fünf Jahren eher größer (20%) bzw. viel größer (71%) geworden ist. Auch Unterstützungsmaßnahmen und Ressourcen vor Ort sowie kontinuierliche Qualifizierungsmaßnahmen spielen eine Rolle.

Abhilfe könnte hier sein, Entlastungsstrukturen zu etablieren durch Schulsekretariate, Stellvertretungen von Schulleitungen und weitere Personen, die in Schulleitungs- und Schulentwicklungsaufgaben eingebunden werden. Auch die Professionalisierung von Schulleitungen als Manager*innen und professionelles Qualitätsmanagement an den Schulen bekommen zukünftig eine stärkere Bedeutung: So sprechen sich auch knapp 87% der Schulleiter*innen für eine fixe Stellvertretung von Schulleitungen aus, die auch Teilbereiche der momentan bei der Schulleitung angesiedelten Leitungsaufgaben übernehmen kann.

Zahlreiche Organisations- und Verwaltungsaufgaben werden, neben dem großen zeitlichen Umfang, den dieser Bereich einnimmt, als belastend empfunden.

Belastung durch hohen Unterrichtsaufwand

Aktuell haben Schulleitungen in Österreich neben ihrer Schulleitungstätigkeit einen ausgesprochen hohen zeitlichen Anteil, selbst zu unterrichten. Im Sinne einer angemesseneren Ausübung ihrer Managementfunktion wäre eine Reduktion der Stundenzahl bzw. der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung nötig, die aber dem aktuellen Personalmangel entgegensteht. Dieses Dilemma spiegelt sich auch in dem Befund, dass nach Meinung der Schulleiter*innen die Regelung zur Unterrichtsverpflichtung von Schulleitungen an Volks-, Sonder- und Mittelschulen den Arbeitsaufwand der Schulleitungen nicht korrekt abbildet.

Schulleitung in Österreich ist noch nicht auf dem internationalen Stand einer Schulmanagementfunktion angekommen.

Belastung durch Mehrarbeit und Überstunden

Rund ein Drittel der Schulleitungen gibt an, im vergangenen Schuljahr nicht kompensierte Überstunden bzw. erhebliche zusätzliche Mehrarbeit geleistet zu haben. Vom Umfang her sind das zwischen 100 und mehr als 400 Stunden Mehrarbeit im Jahr (100-200 Stunden: 14%; 200-400 Stunden: 11%; 400 und mehr Stunden: 6%. 300 Stunden nicht kompensierter Überzeit entsprechen etwa 15 Stunden pro Woche). Dabei ist die Anzahl dieser Überstunden bzw. zusätzlichen Mehrarbeit in den letzten Jahren für rund die Hälfte der Schulleitungen gestiegen. Als Gründe werden u.a. außerordentliche Projekte der Unterrichtsentwicklung, pädagogischer Zusatzaufwand in Erziehungsfragen, Disziplinarprobleme, Inklusions-, Integrations- und Migrationsthematiken, Konflikte mit Eltern, Personalausfall, Personalführungsaufgaben, Konflikte mit dem und innerhalb des Kollegiums, die Einführung neuer Vorgaben durch die Schulbehörde und vor allem aufwändige Verwaltungs- und Administrationsaufgaben angegeben. Bei letzterem wäre eine Entlastung durch entsprechend qualifiziertes Sekretariatspersonal möglich.

In der Analyse zeigt sich: Je mehr Administrationsaufgaben von Schulleitungen zu bewältigen sind, desto geringer ist der zeitliche Umfang, in dem andere Aufgaben bis hin zu pädagogischen Tätigkeiten an der Schule wahrgenommen werden können.

Für das berufliche Belastungserleben gibt es verschiedene Gründe, die zusammenkommen: zum einen die eigene Unterrichtsverpflichtung und zum anderen die Überstunden, die sich durch verschiedene Aufgaben ergeben, z.B. im Hinblick auf Konflikte mit Eltern, die schlechte Planbarkeit von Aufgaben, aufwändige administrative Aufgaben und Arbeiten für das Bundesministerium.

Kooperation mit der Schulaufsicht

Im Hinblick auf dieKooperation mit der Schulaufsicht empfinden 94 Prozent der Schulleitungen ihre Einbindung in Entscheidungsprozesse des Ministeriums als zu wenig. Sie befürworten daher eine gesetzliche Verpflichtung des Ministeriums und der Bildungsdirektionen, sie als Schulleitungen in Entscheidungsprozesse einzubinden.

Zudem bräuchten Schulen und Schulleitungen mehr Unterstützung durch die Schulaufsicht, also das Ministerium und die Bildungsdirektionen – je nach Schulform, wird diese Unterstützung nach Angaben der befragten Schulleitungen vor allem in Konfliktsituationen mit Eltern, Schüler*innen und dem Personal benötigt. Häufig genannt werden außerdem die Hilfestellung bei (schul)rechtlichen Fragen und teilweise zur Personalplanung.

v.l.: Univ.-Prof. Dr. Stephan Gerhard Huber; HRin Mag.a Isabella Zins; Christine Obermayr M.Ed, BEd.
Foto: JKU

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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