Pistenspaß! Skifahren geht auch mit einer Prothese

Trotz künstlicher Hüfte oder künstlichem Knie rauf auf die Ski und den Berg hinunter? Laut Prim. Dr. in. Daniela Gattringer, Leiterin der Physikalischen Medizin am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern, ist dies durchaus möglich. Die Medizinerin rät jedoch vor den ersten Schwüngen zu einem Check bei Expert*innen sowie einer schonenden Fahrweise. 

Nach einer Gelenk-Operation stellen sich viele Patient*innen eine Frage: Kann ich meinem großen Hobby im Winter, dem Skifahren, auch nach dem endoprothetischen Eingriff noch nachgehen? Expert*innen antworten mit Ja. Auch mit einer Hüft- oder einer Knieprothese steht dem Spaß auf zwei Brettern nichts im Weg. Ein paar Spielregeln sollten die Betroffenen aber schon beachten. „Geübte Schifahrer*innen können nach einem komplikationslosen Eingriff in den meisten Fällen auf die Piste zurückkehren. Sie sollten aber eher auf flachen, gut präparierten Strecken fahren. Auch das Material spielt eine Rolle. Von Vorteil wäre es zudem den Schwung auszurutschen“, erklärt Prim. Dr. in Daniela Gattringer, Leiterin des Instituts für Physikalische Medizin und Rehabilitation am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. Die Medizinerin rät aber davor ab, mit einer Prothese das Skifahren überhaupt erst zu erlernen.

Prim. Dr. in Daniela Gattringer, Leiterin der Physikalischen Medizin am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern, klärt auf, was beim Skifahren mit einer Prothese zu beachten ist.
© Ordensklinikum Linz

Sportfreigabe nach sechs bis neun Monaten

Etwas gedulden müssen sich die Wintersportfans aber schon. Direkt nach dem Einsetzen der neuen Prothese heißt es erst einmal warten. Eine Wintersportfreigabe erfolgt in der Regel zwischen sechs und neun Monaten. „Radfahren oder Nordic Walking ist schon deutlich früher möglich“, merkt Prim. Dr. in Gattringer an. Nach der Operation sind die Patient*innen in der Regel rund sechs Wochen auf Krücken angewiesen. Danach sollte eine Reha durchgeführt werden. Bis dahin sind die Betroffenen meist in ambulanter physiotherapeutischer Behandlung. Im Rahmen der Therapie wird mit speziellen Übungen an der nötigen Fitness und Stabilität gearbeitet. Grünes Licht, um endgültig auf die Piste zurückkehren zu können, geben letztlich die Operateur*innen. Prim Dr. in Gattringer: „Bei der Kontrolle wird geprüft, ob die Prothese auch richtig sitzt und gut eingeheilt ist. Es kommt aber auch auf den allgemeinen Trainingszustand der Patient*innen an.“

Ein entscheidender Aspekt zur Rückkehr auf die Piste ist, ob der Sport bereits vor der OP durchgeführt wurde und die Sportler*innen darin erfahren sind. Generell rät Prim. Dr. in Gattringer von sogenannten High-Impact-Sportarten wie Tennis, Fußball oder Handball ab. Sie sagt: „Kontaktsportarten oder Bewegungen mit abruptem Abbremsen sollte man auf jeden Fall vermeiden. Schnelle und wendige Sportarten erhöhen die Gefahr einer Verletzung oder Luxation.“ Kurz gesagt: Überall wo es richtig zur Sache geht. Auch vom Snowboarden ist abzuraten. Als gelenksschonend empfehlen sich Low-Impact-Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Wandern oder, um im Winter zu bleiben: Langlaufen.

600 Hüft- und Knieprothesen

Unmittelbar nach dem Einsetzen der Prothese sollte aber nicht der Sport, sondern die Rehabilitation im Vordergrund stehen. „Die Optimierung des Bewegungsausmaßes des betroffenen Gelenks und die Verbesserung der Muskelkraft und Koordination sind von großer Bedeutung. Physiotherapie benötigen die Patient*innen, damit der Muskelmantel wieder gut aufgebaut werden kann“, so Prim. Dr. in Gattringer.
Die Nachfrage nach Knie- oder Hüftprothesen ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. So wurden am Ordensklinikum Linz im abgelaufenen Jahr jeweils rund 600 Hüft- und Knieprothesen eingesetzt, wobei in den letzten Jahren der technische Fortschritt zu immer weniger belastenden Operationen und besseren Materialien geführt hat. „Die neuen Materialien verringern den Abrieb der Prothesen deutlich. Durch minimalinvasive Zugänge an der Hüfte sind die Eingriffe auch wesentlich schonender geworden“, sagt Prim. Dr. in Gattringer. Zudem konnte die Revisionsrate erheblich verringert werden. Die Standfestigkeit der Prothesen ist länger gegeben. 

Haben die künstlichen Gelenke früher rund zehn Jahre gehalten, konnte die Dauer inzwischen nahezu verdoppelt werden. „Wechseloperationen werden somit erst später benötigt. War früher die Zielsetzung bei Hüft- oder Kniearthrose Schmerzfreiheit, so haben sich die Ansprüche nun verändert. Die Betroffenen wollen nicht nur schmerfrei sein, sondern weiterhin Sport betreiben und fit bleiben, um Alltags- und Freizeitgewohnheiten auch nach der OP nachgehen zu können“, so die Medizinerin. Zum Vergleich: Eine Prothese an der Schulter wurde am Ordensklinikum Linz im Jahr 2023 nur rund 100 Mal eingesetzt. Eine Schulterarthrose kommt viel seltener vor. „Hier sind die Patient*innen meist älter. Somit sind für die Betroffenen auch nicht die Ermöglichung sportlicher Aktivitäten entscheidend, sondern beschwerdefreie Alltagstätigkeiten wie Haare kämmen“, sagt Prim. Dr. in Gattringer. 

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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