Attersee im Aufschwung II: Von der Sommerfrische zum Massentourismus und zurück – wie eine Branche eine ganze Region prägt

Seewalchen. „Nachdem wegen des Schüler-Amoklaufs in Graz unser Juni-Termin abgesagt werden musste, freuen wir uns, nun die Veranstaltung ‚Attersee im Aufschwung‘ durchführen zu können“, sagt Evelyn Obermaier, Obfrau des Vereins Klimt am Attersee erleichtert. Am Freitag, 10. Oktober 2025, 19h wirdalsonun im Raiffeisensaal in Seewalchen noch einmal auf die bewegte Geschichte des Attersees seit den späten 1940er Jahren zurückgeblickt.

Zeitgeschichteabend

Attersee-Forscher Alwis Wiener aus Schörflingund Seewalchens Bürgermeister a. D. Johann Reiter haben für die PräsentationwiederFotos, Filme und Erzählungen zum Thema zusammengestellt. Außerdem hat der Journalist und Historiker Peter Pohn in den vergangenen Monaten zahlreiche Menschen aus Orten des nördlichen Seeufers befragt und ihre Eindrücke vom Tourismus im Wandel der Zeit festgehalten. Gemeinsam mit dem Schauspieler Eugen Victor und der Sängerin Liane Locker wird Pohn aus einigen Zeitzeugenberichten von heimischen Persönlichkeiten lesen. Zudem interpretiert Locker Lieder aus den Wirtschaftswunderjahren.

Sommer 1945: Die glorreiche Zeit, als prominente Künstler wie Gustav Klimt am Attersee urlaubten, ist längst vorbei. Nun prägen die amerikanischen Besatzer den unmittelbaren Nachkriegsalltag. Doch die Gedanken an die Zeit vor den Weltkriegen, als der Tourismus bereits ein Wirtschaftsfaktor gewesen ist, fördert die Hoffnung auf bessere Zeiten.

Bald entstehen Campingplätze und Strandbäder. Zudem werden breitere Gehwege, Straßen und Parkplätze gebaut.Nach der 1948 durchgeführten Währungsreform in der BRD können sich die Atterseer auch wieder über Urlauber aus Westdeutschland freuen. Sie werden im Laufe der Zeit neben Touristen aus Skandinavien, Holland aber auch England zur stärksten Gruppe im Ausländerfremdenverkehr. Nun verdreifacht sich bis 1967 die Bettenkapazität und die Region knackt die Marke von 1 Million Übernachtungen.

Beinahe hätte die Verbesserung der Infrastruktur und die in den 1960er Jahren anrollende PKW- und LKW-Welle die Schifffahrt, die über Jahrzehnte die schnellste Verbindung zwischen Kammer und Unterach war, um Personen und Güter zu transportieren, verdrängt. „Doch mein Vater Werner Schreckeneder und sein Team waren innovativ“, erzählt Doris Cuturi-Stern, Geschäftsführerin der Attersee Schifffahrt. Die Verkehrsgesellschaft Stern und Hafferl kauftunter anderem regionale Busunternehmen und entwickelt Konzepte für touristische Sonderfahrten am See. Mitte der 1960er Jahre ist dann auch die Autobahnabfahrt Seewalchen fertiggestellt. In Zeiten ohne Autobahnraststätten und auch später wird hier abgefahren, um im Restaurant Häupl bei einem erstklassigen Essen zu entspannen. Nouvelle Cuisine und die Häupl-Terrasse, die eine einmalige Aussicht in das Alpenpanorama bietet, machen das Restaurant zu einem Tourismus-Hotspot. „Wir hatten jeden Tag Olympiade im Betrieb, alles musste auf den Punkt genau passen“, erinnert sich Hans Häupl.

Sanfter Tourismus

Für jeden Urlaubstag gibt es während der Saison ein Programm: Es wird zu den Almen gewandert, die Musikkapellen spielen auf, bei Heimatabenden wird die regionale Folklore präsentiert und auch Waldfeste sorgen für Stimmung. Bei Regenwetter führt eine Autobusreise nach Bad Ischl, Salzburg oder Hallstatt. Trotz der großen Bemühungen um den Gast ziehen zu Mitte der 1980er Jahre erste dunkle Wolken über den Attersee-Tourismus auf. Die Billigflug-Konkurrenz lassen immer mehr Sommergäste ausbleiben.

Dank des Falls des Eisernen Vorhangs ist zu Beginn der 1990er Jahre zwar ein letzter kurzer Boom bemerkbar, doch die hohen touristischen Zeiten sind vorbei. Nun bemüht sich die Region allerdings wieder vermehrt darum, dem Gast eine neue Sommerfrische, mit einem qualitativ hochwertigen Kunst- und Kultur-Angebot anzubieten, beobachtet Johann Reiter, Seewalchens Bürgermeister außer Dienst. Ein Beispiel dafür wäre das Gustav Klimt-Zentrum in Schörfling. Es weht also wieder ein Hauch von Sommerfrische wie zu Gustav Klimts Zeiten am Attersee, womit die Region touristischen Aufwind erfahren könnte.

Über den Autor

Markus Raich
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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