Enthüllung im Kurpark Bad Goisern anlässlich 80 Jahre Kriegsende
Rund 40 Personen folgten der Einladung zur Enthüllung der ersten drei „Steine des Anstoßes” im Kurpark Bad Goisern – ein Projekt, das sich der kritischen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Ort widmet. Bürgermeister Leopold Schilcher begrüßte die Anwesenden, darunter der Pfarrer der katholischen Pfarre, der ehemalige evangelische Pfarrer, Schulleiterin Atzmannsdorfer sowie zahlreiche interessierte Bürgerinnen und Bürger.
Dr. Michael Kurz stellte das Projekt vor, das als offener Prozess angelegt ist: Weitere Tafeln sollen folgen, um bislang unbeachtete Geschichten sichtbar zu machen. So soll unter anderem an die Bewohner:innen des evangelischen Altenheims erinnert werden, die in der NS-Zeit als „minderwertiges Leben” diffamiert und in der Tötungsanstalt Hartheim ermordet wurden.
Der Standort im heutigen Kurpark wurde bewusst gewählt: Das Gelände war einst Teil der Goiserermühle, die 1938 durch die Gemeinde Goisern arisiert wurde. Heute befinden sich dort unter anderem die Goiserer Mittelschule, ein öffentlicher Badebereich und ein Kinderspielplatz – Orte des Lebens, die bewusst mit der Verantwortung gegenüber der Vergangenheit verbunden werden sollen. „Wir tragen keine Schuld, aber wir tragen Verantwortung”, so Dr. Kurz.


Mag. Nina Höllinger vom Zeitgeschichtemuseum Ebensee ging in ihrem Beitrag besonders auf die Schicksale der jüdischen Familien Horowitz und Schenner ein, deren Eigentum während des NS-Regimes enteignet wurde. Die Horowitz besaßen das Parksanatorium – heute der Hanuschhof –, die Familie Schenner die Goiserermühle. Höllinger gelang es, Kontakt zu Nachfahren aufzunehmen und so eine persönliche Brücke in die Vergangenheit zu schlagen.
Besonders bewegend waren die Wortmeldungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die sich im Anschluss an die Enthüllung zu Wort meldeten. Sie erinnerten an Ereignisse rund um den Juliputsch 1934 und berichteten von persönlichen Erlebnissen in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Familien Horowitz und Schenner. Alte Fotos und Anekdoten machten die Geschichte lebendig.
Das Projekt „Steine des Anstoßes” lädt zum Hinschauen, Gedenken und Weiterdenken ein – eine Aufforderung, die Vergangenheit nicht ruhen zu lassen, sondern Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen.