Trotz des schneearmen Winters: Der Österreichische Alpenverein warnt nach den Mai-Schneefällen vor hartgefrorenen Schneefeldern
Die kalten Mai-Tage mit Neuschnee in höheren Lagen haben wieder für frischen Schnee auf zahlreichen Wanderwegen im Gebirge gesorgt. Obwohl der Winter 2024/25 schneeärmer als üblich war, sind Altschneefelder wie jedes Jahr eine Gefahrenquelle, denn die Absturzgefahr auf den hartgefrorenen und oft steilen Schneeflächen ist hoch. Der Österreichische Alpenverein erinnert an die richtigen Maßnahmen, um Altschneefelder sicher zu überqueren.
Altschneefelder entstehen, wenn Schnee über den Winter hinweg liegen bleibt und sich mit der Zeit verdichtet. Sie bilden sich vor allem in Nord- und Ostlagen sowie in alten Lawinenkegeln, da der Schnee dort länger erhalten bleibt. Wenn der Schnee im Frühling mit den Temperaturen anschmilzt und in den kühlen Nächten wieder gefriert, entsteht eine harte, glatte Oberfläche, die Wanderern gefährlich werden kann. Altschneefelder können sowohl auf flacheren Hängen als auch an steileren Stellen vorkommen. Ihre Bildung wird durch die Höhe und den Zeitpunkt des Schneefalls beeinflusst: Je länger und intensiver der Winter, desto ausgeprägter sind die Altschneefelder in höheren Lagen.
Tückische Gefahr für Wanderer
„Auch wenn wir in den Ostalpen insgesamt einen schneearmen Winter hatten, darf man sich davon nicht täuschen lassen. Auch dieses Jahr sind Altschneefelder im Gebirge eine nicht zu unterschätzende Gefahr“, warnt Jörg Randl, Leiter der Abteilung Bergsport im Alpenverein. Die kühlen Temperaturen im Mai haben laut Randl dafür gesorgt, dass die Altschneefelder noch länger ein Thema sein werden.
Altschneefelder sind tückisch und können sich hartnäckig bis weit in den Sommer halten, in hohen schattigen Lagen sogar das ganze Jahr über. Sind Wegabschnitte unter ihnen vergraben, stehen Wanderer vor einem gefährlichen Hindernis. „Wer unüberlegt versucht, mit wenigen wackeligen Schritten über ein Schneefeld zu kommen, riskiert unter Umständen schwere oder sogar tödliche Abstürze“, so Randl. Dabei ist die Ausrüstung essenziell: „Wichtig sind Bergwanderschuhe mit einer harten, steifen Profilsohle, mit denen ich im Sichelschlag Stufen schlagen kann. Außerdem sollten Spikes bei jeder Bergtour dabei sein, zudem geben Wanderstöcke zusätzliche Sicherheit und helfen beim Gleichgewicht.“
Strategien zur Risikominimierung
Bereits nach wenigen Metern erreicht man beim Abrutschen über einen 35 Grad steilen Firnhang Geschwindigkeiten, die nicht mehr beherrschbar sind. Auch ein weniger steiler Hang reicht bereits für kritische Situationen aus. „Altschneefelder sind oft steinhart gefroren. Wer einmal ins Rutschen kommt, kann auf diesen eisglatten Flächen kaum noch stoppen. Das gilt auch für Hänge, die zunächst harmlos wirken“, erklärt Randl. „Bei Altschneefeldern liegt die größte Gefahr in der Unterschätzung. Wer das Risiko nicht sieht, kann auch nicht richtig reagieren.“
Quert ein Wanderweg ein steiles Altschneefeld, könnte das ein berechtigter Grund sein, eine Bergtour abzubrechen. Bei steinhart gefrorener Schneeoberfläche, großer Steilheit oder dem Fehlen einer eingetretenen Spur sollten bereits die Alarmglocken schrillen. Wird die Wanderung fortgesetzt und ist keine Umgehung möglich, sind einige Empfehlungen zu befolgen. „Um ein Schneefeld sicher zu überqueren, müssen mindestens die obersten zehn Zentimeter aufgeweicht sein“, empfiehlt der Alpenvereins-Bergsportexperte Randl und ergänzt: „Ohne Bergwanderschuhe mit guter Sohle sollte man es gar nicht erst versuchen.“
Die richtige Technik kann entscheidend sein: Eine aufrechte Körperhaltung, mit leicht nach innen geneigten Hüften und dem Körperschwerpunkt über dem talseitigen Schuh. Wanderstöcke helfen, das Gleichgewicht zu halten, verhindern ein Ausrutschen jedoch nicht zuverlässig. Aus diesem Grund empfiehlt Jörg Randl sogenannte Snowspikes: „Spikes funktionieren wie Schneeketten für die Wanderschuhe. Sie sind schnell angelegt und sorgen für deutlich besseren Halt auf hartem Schnee. Schade, dass diese wichtige Sicherheitsausrüstung noch zu wenig genutzt wird.“
Notfallverhalten bei Sturz
Vollständige Bekleidung und Handschuhe sind auf kritischen Schneepassagen unverzichtbar. Verliert jemand trotz aller Vorsicht den Halt, zählt jede Sekunde. Jörg Randl dazu: „Wer wegrutscht, muss sich blitzartig auf den Bauch werfen und mit Armen und Beinen bremsen – wie bei einem Liegestütz. Diese Reaktion kann über Leben und Tod entscheiden, bevor die Rutschgeschwindigkeit unbeherrschbar wird.“
Sorgfältige Planung
Je nach Ausrichtung variieren auch die Bedingungen an den Berghängen. Daher rät der Alpenverein den Wanderern, sich vor jeder Tour genau über die aktuellen Bedingungen zu informieren. Einen tagesaktuellen Überblick über die Schneeverhältnisse auf der geplanten Tour bieten lokale Webcams und spezialisierte Tourenplanungs-Apps wie alpenvereinaktiv.com, die seit dieser Saison eine digitale Schneehöhenkarte anbietet. Bei Ausflügen mit Kindern ist besondere Vorsicht geboten: Nur mit moderater Neigung und einem sanften, steinlosen Auslauf sind Schneefelder ein geeigneter Spielplatz.
Gut vorbereitet mit der Videoserie „Sicher Bergwandern“
Um bestmöglich auf alpine Gefahren beim Wandern vorbereitet zu sein, empfiehlt der Österreichische Alpenverein seine Videoserie „Sicher Bergwandern“. Alle Hinweise zur richtigen Technik und insbesondere zum richtigen Equipment beim Überqueren alter Schneefelder zeigt das Video „Vorsicht, Altschneefelder!“. Hilfreich ist auch das Handbuch zum Thema Bergwandern, erhältlich unter www.alpenverein.shop sowie die dort erhältlichen Snowspikes.
- Videoserie: „Sicher Bergwandern“ > bit.ly/videos-bergwandern
- Video: Achtung, Altschneefelder! > http://bit.ly/video-altschneefelder
- Alpenvereinsshop: Snowspikes > https://alpenverein.shop/spikes-43122
