Bilanz nach zehn Jahren Prüfrecht in Gemeinden – Land OÖ hat Vieles umgesetzt – Kernthema Gemeindefusionen ist aber nach wie vor offen

Insgesamt 22 Initiativ- und Sonderprüfungen im Gemeindebereich hat der LRH in den vergangenen zehn Jahren erfolgreich durchgeführt. Die vorliegende Prüfung beschäftigt sich mit immer wiederkehrenden Themen, wie Gemeindekooperationen, Gemeindefusionen, zentralörtliche Infrastruktur und Mindestgebühren. Für Kooperationen zwischen Gemeinden wirkt mittlerweile ein Regionalisierungsfonds als positives Anreizmodell. Im Gegensatz dazu werden Gemeindefusionen nach wie vor nicht ernsthaft angegangen. Um finanzielle Spielräume nachhaltiger zu erhöhen, wären Gemeindefusionen aber ein Gebot der Stunde.

Seit 2014 ist der LRH berechtigt, Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern auf eigene Initiative zu prüfen. Seither führte er 20 Initiativprüfungen (darunter auch Querschnitts­prüfungen) und zwei Sonderprüfungen in 79 Gemeinden, zahlreichen Beteiligungsunternehmen der Gemeinden und vielfach auch Organisationseinheiten des Landes OÖ durch. „Wir haben dem Landtag insgesamt 62 Empfehlungen im Gemeindebereich vorgelegt, 54 davon wurden zur Umsetzung beschlossen“, erklärt LRH-Direktor Mag. Rudolf Hoscher. In all den Jahren wurden auch zwei beschlossene Empfehlungen als nicht umgesetzt beurteilt. Die Verbesserungsvor­schläge des LRH flossen in Regelwerke und Maßnahmen des Landes im Gemeindebereich ein. Dazu zählen die Stärkung der Transparenz bei der Verteilung der Bedarfszuweisungsmittel im Rahmen der Gemeindefinanzierung Neu sowie die Einführung neuer Instrumente für die Gemeindeaufsicht.

Offene Empfehlungen bei Kooperationen, Fusionen, zentralörtlicher Infrastruktur und Mindestgebühren – Verbesserungen erzielt

„Wir haben uns in dieser Prüfung schwerpunktmäßig auf die aus unserer Sicht offenen Handlungs­felder konzentriert, um festzustellen, wo das Land OÖ bei der Umsetzung steht“, sagt Hoscher. Als thematisch offene Bereiche identifizierte der LRH die Themen Gemeindefusionen, Gemeindekooperationen, die Finanzierung zentralörtlicher Infrastrukturen oder die Einhebung von Mindestgebühren in der Wasserversorgung bzw. Abwasserbeseitigung. Das Land OÖ hat in allen Bereichen zwischenzeitlich Entwicklungsschritte gesetzt.

Hinsichtlich der vom LRH jahrelang geforderten Anreize für Kooperationen in den Gemeinden schuf das Land OÖ einen Regionalisierungsfonds, der für Kooperationen erhöhte Förder­zuschläge durch Bedarfszuweisungsmittel und Landeszuschüsse von bis zu 20 Prozent vorsieht.

„In 173 Gemeinden wurden 48 Projekte mit einem Fördervolumen von 17,1 Millionen Euro umgesetzt“, führt der LRH-Direktor aus. Grundsätzlich beurteilt der LRH dieses Modell positiv; aufgrund diverser Mängel bei der Projektabwicklung weist Hoscher aber darauf hin, dass die Regeln der Gemeindefinanzierung Neu auch im Regionalisierungsfonds gelten.

Gemeindefusionen thematisieren – wann, wenn nicht jetzt?

„Leider haben wir auch in dieser Prüfung festgestellt, dass die von uns mehrfach empfohlenen Gemeindefusionen nach wie vor nicht ernsthaft angegangen werden“, unterstreicht Hoscher. Fusionen brächten neben wesentlichen Einsparungspotenzialen auch Vorteile bei der Leistungs­qualität und eine tatsächliche Strukturreform. Das Land OÖ hat eine intensivere Beschäftigung mit dem Thema aber mehrfach abgelehnt. Obwohl ein Teil des Regionalisierungs­fonds auch finanzielle Anreize für Gemeindefusionen bietet, haben seit 2019 in OÖ keine Gemeinden mehr fusioniert und es sind auch keine konkreten Fusionsbestrebungen bekannt.

„Das aktuelle Anreizsystem für Gemeindefusionen ist aus unserer Sicht gescheitert“, sagt der LRH-Direktor. Ein Grund dafür ist, dass der finanzielle Leidensdruck für Gemeinden zwar prinzipiell vorhanden ist, aber durch diverse Gemeindepakete und Maßnahmen für Härte­ausgleichs­gemeinden reduziert wird. Dadurch bleiben die bestehenden Strukturen erhalten. „Um Fusionen ernsthaft voranzutreiben, müsste die Landespolitik ein politisches Grund­bekenntnis dafür, dass Fusionen gegenüber Kooperationen zu bevorzugen sind, abgeben und somit den Boden für strukturelle Reformen aufbereiten“, erörtert Hoscher.

Will man die engen finanziellen Spielräume und die Eigenverantwortung der Gemeinden nachhaltig erhöhen, kommt man auch um Gemeindefusionen nicht herum.

Fortschritte beim Abgelten von zentralörtlichen Aufgaben und beim Abschaffen der Mindestgebühren für Wasser und Kanal

Der LRH hat in den vergangenen zehn Jahren auch herausgearbeitet, dass Gemeinden, die überregionale Infrastrukturen, wie Hallenbäder, bereitstellen, entlastet werden sollten. Seit einer Evaluierung der Gemeindefinanzierung Neu 2022 setzt sich das Land OÖ nun intensiver mit der Thematik auseinander. Hallenbäder, Musikschulen und größere Sporthallen sollen künftig durch einen jährlichen Fixbetrag im Strukturfonds der Gemeindefinanzierung Neu unterstützt werden. „Für eine effiziente Steuerung des Mitteleinsatzes wird das Land aber Zielvorgaben benötigen“, führt der LRH-Direktor aus. Das Land OÖ sollte daher einen konkreten Umsetzungsvorschlag erarbeiten; den Finanzierungsentscheidungen sollten überregionale Planungen zugrunde liegen.

Positiv bewertet der LRH, dass die von ihm empfohlene Abschaffung der Mindestbenutzungs­gebühren bei Wasser und Kanal zwischenzeitlich erfolgt ist. Ab 2025 sollen Benutzungsgebühren festgesetzt werden, die sich an einer Kostendeckung orientieren und zumutbar sind.

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Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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