WKOÖ: Lage ist alles andere als berauschend

Spartenobmann Michael Pecherstorfer: Wenig Zuversicht im oö. Gewerbe und Handwerk,
Stimmung vor allem am Bau weiter verschlechtert Betriebe brauchen einen langen Atem und gezielte Konjunkturimpulse

„Vor allem in der Gewerbelokomotive Bau, die bis Mitte 2022 noch unter Volldampf gelaufen war, hat sich die Lage ins andere Extrem gewandelt. Viele unserer vorwiegend kleinen und mittleren Betriebe sind im Leerlauf. Baustellen werden schon Anfang November stillgelegt und bis März, April auch so bleiben“, fasst Michael Pecherstorfer, Obmann der 46.000 oö. Gewerbe- und Handwerksbetriebe, die alles andere als berauschende Lage zusammen. „Obwohl sich die Verwerfungen bei Energie-, Rohstoff- und Materialpreisen und in den Lieferketten weitgehend aufgelöst haben, werden viele Betriebe einen langen Atem und gezielte Anreize brauchen“, so Pecherstorfer.

Auftragslage: 69 Prozent der oö. Baugewerbebetriebe erwarten Verschlechterung
Das gilt besonders für den Bau im weitesten Sinn (Bau, Holzbau, Metalltechnik, Bauinstallation, Innenausbau), wo 37 Prozent der Betriebe sofort einen neuen Auftrag ausführen könnten. Vor einem Jahr waren es 29 Prozent, vor zwei Jahren 25 Prozent. Nachdem die Auftragseingänge im Laufe des Jahres immer mehr nachgelassen haben, gibt es für das letzte Quartal des Jahres einen neuen negativen Höhepunkt. Laut Konjunkturumfrage der KMU Forschung Austria erwarten nur noch 6 Prozent der oö. Baugewerbebetriebe eine Verbesserung der Auftragslage, aber 69 Prozent eine Verschlechterung. Per Saldo sind damit fast zwei von drei Baugewerbebetriebe (63 Prozent) pessimistisch gestimmt. Etwas besser aber genauso negativ sind die Werte in den baunahen Segmenten Bauinstallation/Ausbaugewerbe (11 Prozent erwarten Steigerungen, 36 Prozent Rückgänge) und Holz/Kunststoff (13 Prozent Steigerungen, 36 Prozent Rückgänge).

Obwohl sich in den konsumnahen Branchen Optimisten und Pessimisten in etwa die Waage halten, schlagen die negativen Erwartungen in den Bau- und investitionsgüternahen Branchen voll auf das gesamte oö. Gewerbe und Handwerk durch. Demnach erwarten 15 Prozent der Betriebe Auftrags- und Umsatzsteigerungen, aber 35 Prozent Rückgänge. „Ein Fünftel der Betriebe rechnet im letzten Vierteljahr mit einem sich weiter verschlechternden Geschäftsverlauf“, so Pecherstorfer.

Ärger über hausgemachte Wohnbaueinbrüche
Eine Ursache des Problems sind Inflation und stark gestiegene Kreditzinsen, die Investitionen empfindlich verteuert haben. „Viele Investoren verschieben, warten zu oder streichen Projekte ganz“, weiß Pecherstorfer. Ein anderer Grund ist aber hausgemacht, nämlich die KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung), die seit August 2022 mit den Vergabekriterien 20 Prozent Eigenmittelanteil, monatliche Kreditrate höchstens 40 Prozent des Nettohaushaltseinkommens und 35 Jahre maximale Kreditlaufzeit viele Wohnbauprojekte unfinanzierbar macht. „Manche Betriebe aus dem Wohnbausegment müssen Auftragseinbrüche gegenüber dem Vorjahr von der Hälfte bis zu zwei Drittel verdauen“, so Pecherstorfer. Ihn ärgert, dass das für die KIM-VO zuständige Finanzmarktstabilitätsgremium in seiner vorwöchigen Sitzung „die Entwicklung bei Wohnbaukrediten zwar diskutiert, die Vergabekriterien aber wieder nicht geändert hat“.

Gezielte Investitionsimpulse jetzt setzen – Handwerkerbonus
Umso wichtiger ist aus Sicht des Gewerbes, dass man national Anreize und echte Impulse setzt, die die Investitionsbereitschaft erhöhen. Der Öko-Investitionsfreibetrag ist ein erster wirksamer Ansatz, genauso die vollständige Abschaffung der kalten Progression. Darüber hinaus tritt er genauso wie die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS für ein gezieltes Baukonjunkturprogramm ein. Pecherstorfer: „Es braucht weitere Investitionsanreize, die rasch greifen und nachhaltig wirken.“ Als Beispiele nennt er die Investitionsprämie NEU, eine Mehrwertsteuersenkung auf persönliche Dienstleistungen (z.B. Friseur) und als Konjunkturprogramm für die KMU in den Regionen, die Erhöhung der Schwellenwerte samt Übernahme der Schwellenwerteverordnung ins Dauerrecht.

Weiters macht sich Pecherstorfer für die Wiedereinführung des aufkommensneutralen und die Nachfrage belebenden Handwerkerbonus stark, der eigentlich als „Konsumentenbonus“ bezeichnet werden müsste. „Der Handwerkerbonus macht das Bauen, Sanieren und Renovieren für private Auftraggeber günstiger, dämmt spürbar den gewerbsmäßigen Pfusch und ist vor allem für unsere vielen kleinen Betriebe draußen auf dem Land ein wichtiger Auftragsimpuls.“

Foto:©Starmayr

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: (c) by salzTV