Präsidentin Doris Hummer: Auswüchse nicht im Sinne des Erfinders
Seit langem kritisiert die WKO Oberösterreich die aktuelle Ausgestaltung der Bildungskarenz. Diese wird häufig nicht zur praxisorientierten Weiterbildung für den Arbeitsmarkt, sondern immer wieder als persönliche „Auszeit“ zur Vertiefung sehr individueller Bildungsinteressen genutzt. Im Prinzip kann man heute während einer Bildungskarenz (vom AMS in Höhe des Arbeitslosengeldes finanziert) tun und lassen was man will, was gerade in Zeiten des akuten Fach- und Arbeitskräftemangels ein unhaltbarer Zustand ist.
Diese Kritik der Wirtschaftskammer hat der Rechnungshof jetzt aufgegriffen und verlangt eine Fokussierung der Bildungskarenz auf arbeitsmarktrelevante Bildungsinhalte. Die Bildungskarenz sei laut dem Rechnungshof nämlich nicht nur beliebt und teuer (seit 2010 hat sich die Zahl der Teilnehmer verdoppelt und die Ausgaben haben sich verdreifacht), sondern werde immer öfter zur „Verlängerung der Baby-Pause“ genutzt (diese Zahl hat sich seit 2017 sogar vervierfacht).
„Alles nicht im Sinne der Erfinder der Bildungskarenz, denen es 1998 um die konkrete Möglichkeit zur Aus- und Weiterbildung zwecks Verbesserung der persönlichen arbeitsmarktpolitischen Chancen gegangen ist. Es ist daher umso erfreulicher, dass der Rechnungshof hier den gleichen Reformbedarf wie die Wirtschaftskammer sieht und eine rasche Überarbeitung der Bildungskarenz fordert“, so WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer zur Kritik des höchsten Kontrollorgans der Republik.
„Um das angepeilte Ziel zu erreichen, muss bei der Bildungskarenz an mehreren Schrauben gedreht werden. In erster Linie geht es um die konkreten Weiterbildungsinhalte, die künftig einen nachweisbaren arbeitsmarktpolitischen Effekt haben müssen. Das könnte etwa das AMS vorweg überprüfen. In kurs- und vorlesungsfreien Zeiten, wie etwa im Sommer, sollte der Bezug des Weiterbildungsgeldes unterbrochen werden. Das ist bisher nicht der Fall. Und grundsätzlich sollten künftig höhere Anforderungen für den zu erbringenden Qualifizierungsnachweis gelten“, so Hummer weiter.
Durch geeignete Maßnahmen sei außerdem sicherzustellen, dass mehr Niedrigqualifizierte und ältere Personen Bildungskarenz in Anspruch nehmen. Derzeit sind es laut Rechnungshof eher die ohnehin schon gut Qualifizierten, die sich im Rahmen einer Bildungskarenz oft langgehegte private Weiterbildungswünsche erfüllen. Ebenso sollte eine Inanspruchnahme der Bildungskarenz unmittelbar nach der Elternkarenz künftig nur mehr unter sehr restriktiven und bedarfsorientierten Kriterien erlaubt sein.
Generell wäre es zielführender, das Angebot der arbeitsmarktnahen AMS-Schulungsförderung „Qualifizierungsförderung für Beschäftigte“ (QBN) massiv und auch auf höher qualifizierte Personen auszubauen, anstatt hohe Fördersummen für arbeitsmarktferne und wenig bedarfsorientierte Bildungskarenzen auszuschütten.
„Bildungskarenz ist per se keine schlechte Sache, wenn Betroffene und die Wirtschaft nachhaltig von ihr profitieren. In Zeiten des Fach- und Arbeitskräftemangels sollten wir es uns aber nicht mehr länger leisten, dringend benötigten Arbeitskräften eine Bildungskarenz von bis zu einem Jahre zu ermöglichen, die diesen Namen schon längst nicht mehr verdient“, unterstützt Doris Hummer die vom Rechnungshof angeregte, rasche Reform.