„Die Probleme des vergangenen Jahres sind die Herausforderungen des laufenden Jahres“, fasst Michael Pecherstorfer, Obmann der über 46.000 Betriebe im oö. Gewerbe und Handwerk, die Konjunkturbeobachtung der KMU Forschung Austria zusammen. Diese Probleme heißen hohe Energiepreise, die teils extremen Preissteigerungen bei Rohstoffen und Materialien, temporär noch immer löchrige Lieferketten, der sich verschärfende Arbeitskräftemangel sowie der Zinsanstieg und die hohe Inflation, die Konsumlaune und Investitionsbereitschaft bremsen. „Es ist daher wenig verwunderlich, wenn die Mehrzahl unserer Betriebe mit gemischten Gefühlen in die nächste Zukunft blicken“, so Pecherstorfer.
Die „Hitliste“ der Problembereiche führen laut KMU Forschung Austria die Preissteigerungen bei Rohstoffen und Materialien an. 70 Prozent aller oö. Gewerbe- und Handwerksbetriebe sehen sich dadurch in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt. Auf Platz zwei die hohen Energiepreise, die für 65 Prozent ein Problem darstellen. Dahinter folgt mit 51 Prozent der Arbeitskräftemangel. „Das drückt auf die Stimmung in den Betrieben und auf die Erwartungen für die nächsten drei Monate“, so Pecherstorfer. Laut Konjunkturumfrage rechnen für das zweite Vierteljahr nur 19 Prozent der Betriebe mit Steigerungen bei Auftragseingängen und Umsätzen, aber 24 Prozent mit Rückgängen (Vorjahresquartal: 25 Prozent Steigerungen; 16 Prozent Rückgänge).
Große Unterschiede gibt es zwischen konsumnahen und investitionsgüternahen Bereichen im oö. Gewerbe und Handwerk. Während in den konsumnahen Branchen (von Fahrzeugtechnik über Lebensmittelgewerbe bis Friseure) der Anteil der Betriebe mit positiven abzüglich negativen Umsatzerwartungen für das 2. Quartal 2023 im positiven Bereich (+4 Prozentpunkte) liegt, überwiegen in den investitionsgüternahen Segmenten (Bau, baunahe Branchen, Holzbau, Kunststoffverarbeiter) die Betriebe mit pessimistischen Erwartungen um 10 Prozentpunkte. 35 Prozent der Betriebe könnten sofort einen Auftrag annehmen, 42 Prozent in drei Monaten. „Das sind die niedrigsten Werte seit zwei Jahren“, so Pecherstorfer.
Schwierige Lage ist zu meistern
Insgesamt sei die Lage besser als noch vor einem Jahr, als der russische Überfall auf die Ukraine diese multiplen Verwerfungen ausgelöst bzw. schon vorhandene Dissonanzen befeuert hat. Pecherstorfer: „Inzwischen geht der Trend glücklicherweise in Richtung Entspannung. Dennoch wird es einen langen Atem und gezielte Unterstützung der Politik auf nationaler und europäischer Ebene brauchen, bis sich die extremen Preisverwerfungen auf ein plan- und kalkulierbares Maß eingependelt haben und Konsum- und Investitionsbereitschaft zurückgekehrt sind.“ Die Politik hat schon einige richtige Maßnahmen gesetzt. Als Beispiele nennt Pecherstorfer den Energiekostenzuschuss, jüngste Ankündigungen der Energieversorger, die gesunkenen Großhandelspreise an gewerbliche Abnehmer weiterzugeben, den neuen Öko-Investitionsfreibetrag, der in naher Zukunft zusätzliche Aufträge bringen sollte, sowie die milliardenschweren EU-Programme Green Deal oder Next Generation.
Auch jüngste Anpassungen bei der sogenannten KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung), die gepaart mit hoher Inflation und steigenden Zinsen zu eklatanten Rückgängen bei Krediten für den Einfamilienhausbau gesorgt hat, sollten leichte Entspannung bringen. „Ein erster kleiner Schritt“, so Pecherstorfer. „Damit die Konjunkturlokomotive Bau aber wieder in die Gänge kommt, braucht es hier weitere Erleichterungen.“
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